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20.03.2020: Dr. Heinze & Partner beim OVG Bremen erfolgreich - Verwaltungsrechtsweg

Die Rechtsanwälte für Verwaltungsrecht Dr. Heinze & Partner waren beim Oberverwaltungsgericht Bremen mit einer Rechtswegbeschwerde erfolgreich. Inhaltlich ging es um die Besetzung einer Stelle im den öffentlichen Dienst (Konkurrentenstreit), für die ein Arbeitsverhältnis begründet werden sollte - kein Beamtenverhältnis. Während das Verwaltungsgericht Bremen das Verfahren mittels § 17 a Abs. 2 GVG i.V.m. § 173 S. 1 VwGO an das Arbeitsgericht verwies, war die Rechtswegbeschwerde beim OVG Bremen erfolgreich. Das OVG stellte klar, dass das "Ob" unabhängig von der Ausgestaltung des "Wie" als Arbeitsvertrag oder Beamtenverhältnis dem Verwaltungsrechtsweg zugeordnetsei, weil ein Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG zugrundeliegt.

An der HU Berlin erhielt die Mandantschaft des Rechtsanwalts Dr. Arne.Patrik Heinze als Rechtsanwalt für Studienplatzklagen einen Studienplatz im Bereich Lehramt Gymnasium in den Fächern Mathematik und Deutsch zum Wintersemester 2015/2016.

An der HTWK wurde der Mandantschaft des Rechtsanwalts Dr. Arne-Patrik Heinze als Rechtsanwalt für Studienplatzklagen ein außerkapazitärer Studienplatz im Bereich Soziale Arbeit zum Wintersemester 2015/2016 zugewiesen. Das Studium konnte wunschgemäß begonnen werden.

[title] Verwaltungsrechtsweg bei Prüfungsanfechtungen gegen die Euro-FH (VG Hamburg, Beschluss vom 01.12.2015; Az.: 2 E 6030/15) [/title]

Rechtsanwalt Dr. Arne-Patrik Heinze hat für seine Mandantschaft erfolgreich beim Verwaltungsgericht Hamburg geklagt. Soweit Prüfungsleistungen an der Euro-FH angefochten werden, die für die Verleihung des akademischen Grades „Bachelor“ von Bedeutung sind, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Entgegen der ursprünglichen Auffassung der Euro-FH ist nicht der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Zwar ist die Euro-FH privatrechtlich organisiert, jedoch ist sie bezüglich der Verleihung des Bachelorgrades und der damit verbundenen Prüfungsleistungen mit Hoheitsgewalt beliehen im Sinne des Art. 33 Abs. 4 GG. Während eine sogenannte Studienplatzklage bei der Euro-FH bei den ordentlichen Gerichten zu führen wäre, sind Prüfungsanfechtungen dem Verwaltungsrechtsweg zugeordnet, soweit sie auf den Bereich der Beleihung bezogen sind.

Zugang zu Gerichtsentscheidungen: Auch bei nicht rechtskräftigen Urteilen kann ein Anspruch der Presse auf Zugang zu anonymisierten Gerichtsentscheidungen bestehen (BVerfG: 1 BvR 857/15)

Ein Verlag wollte den Zugang zu einer Gerichtsentscheidung bezüglich eines anonymisierten Strafurteils des Landgerichts gegen den ehemaligen Innenminister eines Bundeslandes wegen Bestechungsdelikten. Das Verwaltungsgericht hatte den Landgerichtspräsidenten zur Herausgabe der anonymisierten Urteilskopie verpflichtet, während das Oberverwaltungsgericht den Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts im Beschwerdeverfahren im Sinne des § 146 VwGO abänderte. Das Bundesverfassungsgericht hob den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts wegen der sich aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG ergebenden Pressefreiheit auf.

Grundrechte sind zwar grundsätzlich klassische Abwehrrechte gegen den Staat, jedoch können sie ausnahmsweise auch als originäre bzw. derivative Leistungsrechte wirken. Soweit einfachgesetzliche Normen wie § 4 eines Landespressegesetzes auf Tatbestands- oder Rechtsfolgenseite verfassungskonform auslegbar sind, ist die einfachgesetzliche Regelung gegenüber der direkten Anwendung der Grundrechte als Anspruchsgrundlage vorrangig. Subsidiär können Grundrechte auch direkt als Anspruchsgrundlage im Verwaltungsrecht anwendbar sein – derivativ als Teilhaberecht oder originär.

Soweit es um Gerichtsentscheidungen geht, kann das öffentlich-rechtsstaatliche Interesse zudem derart ausgeprägt sein, dass ein Anspruch auf Zugang zu nicht rechtskräftigen Entscheidungen besteht.

[title] Studienplatzklage: Bei so genannten Studienplatzklagen Medizin fehlt bezüglich des Modellstudienganges Medizin in Aachen die Rechtsgrundlage zur Kapazitätsberechnung (OVG NRW, Beschluss vom 03. Juli 2015, Az: 13 B 113/15) [/title]

Nach elf Jahren Laufzeit des Modellstudienganges Humanmedizin und nach Ablauf der ursprünglichen Befristungsdauer ist die Berechnung der wahren Kapazität des Studienganges geboten, weil trotz Verlängerung hinreichende Erfahrungswerte bestehen. Die Kapazitätsverordnung ist unter anderem wegen der im Modellstudiengang Humanmedizin gegenüber dem üblichen Regelstudiengang Humanmedizin gesonderten Modalitäten für die Kapazitätsberechnung grundsätzlich nicht anwendbar. Der Modellstudiengang Humanmedizin unterscheidet sich vom Regelstudiengang Medizin in der Struktur, den Ausbildungsinhalten, den Ausbildungsformen bzw. den Veranstaltungsarten und der Dauer der Veranstaltungen grundlegend vom Regelstudiengang Medizin, so dass die auf den Regelstudiengang zugeschnittene Kapazitätsverordnung mit dem Ausgangspunkt eines vorklinischen Abschnitts nicht passt. Eine Zulassungsbeschränkung ist als wesentlicher Zugriff in die Berufsfreiheit aus Art. 12 GG einzustufen. Wesentliches ist vom Gesetzgeber zu regeln. Es Bedarf einer gesetzlichen Grundlage im Sinne des Vorbehaltes des Gesetzes. Je wesentlicher der Grundrechtseingriff ist, desto höher sind die Anforderungen an den Gesetzgeber, so dass mindestens die Schaffung einer untergesetzlichen Vorschrift wie einer Verordnung mit klaren Kapazitätsvorgaben erforderlich ist, wenngleich eine solche nur genügt, soweit Inhalt, Zweck und Ausmaß in einem formellen Gesetz geregelt sind.

Da die Kapazitätsverordnung gegenüber anderen Berechnungsmodellen für Studierende jedoch grundsätzlich studienbewerberfreundlich ist, wird sie in gerichtlichen Eilverfahren (den so genannten Studienplatzklagen Medizin) zunächst weiter für die fiktive Kapazitätsberechnung zugrunde gelegt. Soweit allerdings andere plausible Berechnungsmöglichkeiten denkbar sind, die zu einer höheren Kapazität führen, ist nicht an der Berechnungsmethode nach dem bisherigen (fiktiven) Regelstudiengang Medizin festzuhalten, sondern im Eilverfahren von einer erhöhten Kapazität bei so genannten Studienplatzklagen Medizin auszugehen (anders zum Teil für die Erprobungsphase des Modellstudiengangs an der Berliner Charité: OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 18. März 2014 - OVG 5 NC 69.13).

[title] Bund hatte tatsächlich keine Gesetzgebungskompetenz für das Betreuungsgeld („Herdprämie“): Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21.07.2015 (Az.: 1 BvF 2/13) [/title]

Mit Urteil vom heutigen Tag entschied das Bundesverfassungsgericht über den Antrag auf abstrakte Normenkontrolle bezüglich des Betreuungsgeldes (wir berichten).

Wie sich bereits im April 2015 abzeichnete, wurde die formelle Verfassungswidrigkeit festgestellt. Zwar stellen die Regelungen solche der „öffentlichen Fürsorge“ im Sinne des Art. 72 Abs. 1 Nr. 7 GG dar, da dieser Begriff weit auszulegen ist. Die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG sind jedoch nicht erfüllt, da die bundeseinheitliche Regelung nicht zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich ist.

a) Die Regelungen sind nicht zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet erforderlich. Selbst wenn der Argumentation gefolgt wird, dass Eltern mit Wohnsitz in Bundesländern, die eine ähnliche Förderung nicht vorsehen, schlechter stehen als diejenigen, die in förderungswilligen Bundesländern wohnen, kann das Betreuungsgeld dieser Ungleichbehandlung keine Abhilfe schaffen. Es fehlen nämlich Anrechnungsvorschriften für das Landeserziehungsgeld auf das Betreuungsgeld. Die Ungleichbehandlung bestünde daher fort.

Auch eine Alternative zur Drittbetreuung muss nicht geschaffen werden, um gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen. Das bundesstaatliche Sozialgefüge ist schließlich nicht gefährdet. Konkrete Ansprüche ließen sich darüber hinaus nicht aus Art. 6 Abs. 1 und 2 GG und Art. 3 Abs. 1 GG nicht herleiten, da durch das Betreuungsgeld keine Verfügbarkeitslücke in der Betreuung geschlossen werden solle. Es kann daher offen bleiben, ob Grundrechte überhaupt bei der Beurteilung des Art. 72 Abs. 2 GG bedeutsam sind.

b) Das Betreuungsgeld ist nicht zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit erforderlich.

In den Regelungen zum Betreuungsgeld werden zusätzliche vergleichbare Leistungen in einzelnen Ländern unberührt gelassen, daher wird bereits keine Rechtseinheit geschaffen.

Ferner ist das Betreuungsgeld weder geeignet noch bestimmt, eine private Kinderbetreuung zu finanzieren. Dies gilt auch im Zusammenspiel mit weiteren Leistungen. Die Wirtschaftseinheit kann bereits aus diesen Gründen nicht gefördert werden.

c) Die Regelungen sind rechtswidrig und damit nichtig. Die formelle Verfassungswidrigkeit besteht. Es musste nicht entschieden werden, ob die Vorschriften mit den Grundrechten vereinbar sind, da dies eine Frage der materiellen Verfassungsgemäßheit ist.

 

[title] OVG Hamburg (Beschluss vom 28.05.2015 Az.: 2 Bs 23/15) bestätigt das VG Hamburg im Eilverfahren: Kein Flüchtlingsheim im ehemaligen Kreiswehrersatzamt in der Sophienterrasse [/title]

Das OVG Hamburg hat den Beschluss des Verwaltungsgerichts bestätigt. Die Beschwerde bleibt somit erfolglos. Eine Gemeinschaftsunterkunft für Flüchtlinge darf in dem ehemaligen Kreiswehrersatzamt zunächst nicht errichtet werden. Der Bereich ist im Bebauungsplan als besonders geschütztes Wohngebiet ausgewiesen. Die vollständige oder partielle Funktionslosigkeit dieser Festsetzung sei im Rahmen der Beschwerde nicht dargelegt worden. Es handele sich bei der Unterbringung der Flüchtlinge nicht um eine Wohnnutzung im baurechtlichen Sinne, weil es an der Eigengestaltung und an der Freiwilligkeit des Aufenthalts der Flüchtlinge fehle. Vielmehr gehe es um eine Anlage für soziale Zwecke. Eine derartige Anlage sei in einem besonders geschützten Wohngebiet nur als kleine Anlage allgemein zulässig. Insoweit seien die typischerweise von dem Vorhaben der beabsichtigten Art ausgehenden Auswirkungen maßgeblich. Kriterien seien unter anderem der räumliche Umfang, die Art und Weise der Nutzung und der vorhabenbedingte Verkehr. Gemessen daran handele es sich nicht um eine kleine Anlage.

Zur juristischen Aufarbeitung der ursprünglichen Entscheidung gelangen Sie hier.

[title] Prüfungsordnung einer renommierten brandenburgischen Universität ist verfassungswidrig: Der akademische Titel Bachelor of Laws ist derzeitigen und ehemaligen Studierenden zu verleihen [/title]

Das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) erklärt § 2 Abs. 2 S. 1 der Prüfungsordnung Rechtswissenschaften im Eilverfahren inter partes für verfassungswidrig. Rechtsanwalt Dr. Arne-Patrik Heinze als Anwalt für Prüfungsrecht hat das Verfahren für seine Mandantin gewonnen.

Die Antragstellerin ist an einer renommierten brandenburgischen Universität als Studentin eingeschrieben. Gemäß § 2 Abs. 1 der Prüfungsordnung (nachfolgend PO abgekürzt) ist Studierenden auf Antrag seitens der Universität nach bestandener Bachelorprüfung der akademische Grad Bachelor of Laws zu erteilen. Die Antragstellerin hat alle gemäß § 8 Abs. 1 PO notwendigen Leistungen erbracht. Allerdings hat sie die Erste Juristische Prüfung nicht bestanden und erst nach dem Nichtbestehen den Antrag auf Verleihung des Bachelor of Laws gestellt. Bezüglich der Ersten Juristischen Prüfung läuft ein Widerspruchsverfahren. Die Universität als Antragsgegnerin hatte der Antragstellerin den Bachelortitel nicht verleihen wollen, weil in § 2 Abs. 2 S. 1 PO steht, dass den Titel nur erwerben kann, wer unter anderem im Zeitpunkt der Antragstellung die Erste Juristische Prüfung noch nicht endgültig nicht bestanden hat.

Rechtsanwalt Dr. Arne-Patrik Heinze hat für seine Mandantin in der Hauptsache eine Verpflichtungsklage auf Verleihung des Bachelor of Laws erhoben und dieses Begehren auch vorläufig im einstweiligen Rechtsschutz geltend gemacht, denn es war aus seiner Sicht unzumutbar, die Hauptsache ohne Studienabschluss und somit Bewerbungsmöglichkeiten in der Zwischenzeit abzuwarten.

Das Gericht ist der Argumentation des Dr. Arne-Patrik Heinze gefolgt und hat inzident inter partes festgestellt, dass § 2 Abs. 2 S. 1 der PO mit Art. 12 GG und Art. 3 Abs. 1 GG nicht vereinbar ist. Entscheidend war dafür nicht, dass die Entscheidung über die Erste Juristische Prüfung wegen des laufenden Widerspruchsverfahrens noch nicht bestandskräftig ist. Dr. Arne-Patrik Heinze hatte unter anderem auch vorgetragen, dass es verfassungswidrig ist, wenn die Verleihung des Titels allein davon abhängig ist, wann Studierende den Antrag stellen. Wer den Antrag auf Verleihung des Titels vor dem endgültigen Nichtbestehen der Ersten Juristischen Prüfung gestellt hätte, hätte diesen auch bei späterem endgültigen Nichtbestehen der Ersten Juristischen Prüfung behalten dürfen, während derjenige, der den Antrag bei identischen erbrachten Leistungen nach dem endgültigen Nichtbestehen der Ersten Juristischen Prüfung gestellt hätte, den akademischen Grad nicht verliehen bekommen hätte.

Darüber hinaus argumentierte der Rechtsanwalt für Prüfungsrecht Dr. Heinze, dass es unions- und verfassungswidrig ist, die Verleihung des Bachelors mit eigenen Prüfungsleistungen überhaupt vom Bestehen der Ersten Juristischen Prüfung mit gesonderten Leistungen abhängig zu machen. Die Argumentation der Antragsgegnerin, die insbesondere auf Rechtsprechung abstellte, in welcher der Abschluss Bachelor im Hinblick auf BAföG diskutiert wurde, erachtete das Verwaltungsgericht unserer Argumentation folgend als unerheblich, weil einerseits der direkte sachliche Bezug zur Verleihung des Bachelor of Laws fehlt und andererseits nicht alle Studierenden, die der akademische Titel Bachelor of Laws betrifft, auch BAföG-Leistungen beziehen.

Nach alledem ist der akademische Titel Bachelor of Laws Studierenden der Universität zu verleihen, soweit sie die erforderlichen Leistungen erbracht haben.

 

[title] Mündliche Verhandlung des Bundesverfassungsgerichtes vom 14. April 2015 in Sachen Betreuungsgeld („Herdprämie“) [/title]

Am 14.04.2015 wurde vor dem Bundesverfassungsgericht über das Betreuungsgeld (sogenannte „Herdprämie“) verhandelt. Bereits im Jahr 2013 war seitens der SPD-regierten Freien und Hansestadt Hamburg ein Antrag auf abstrakte Normenkontrolle eingereicht worden. Ein Urteil wird in diesem Sommer erwartet. Insgesamt ist die Thematik des Betreuungsgeldes gut geeignet als Vorlage für einen Klausursachverhalt zumindest im Ersten Staatsexamen – eine Klausur zur Frauenquote lief bereits Ende 2013 in Hamburg –, sodass in der Folge die wesentlichen Probleme dargestellt werden sollen.

Das Betreuungsgeld ist im Zweiten Abschnitt des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) geregelt. Es ist eine Sozialleistung, die für die Betreuung von nach dem 01. August 2012 geborenen Kindern „zu Hause“ für maximal 22 Monate, im Regelfall vom 15. bis zum 36. Lebensmonat, in Höhe von derzeit € 150,00 pro Monat gezahlt wird. Der Anspruch auf den Bezug des Betreuungsgeldes besteht unabhängig von einer Erwerbstätigkeit und der Höhe des Einkommens der Eltern des betreuten Kindes. Er besteht bereits, soweit kein öffentliches Betreuungsangebot in Form des Besuches einer Kindertagesstätte genutzt wird.

In materieller Hinsicht wurde argumentiert, die Leistung eines Betreuungsgeldes komme in zweifacher Hinsicht einer „Fernhalteprämie“ gleich.

Das Gesetz kann zum einen gegen Art. 3 GG verstoßen, da es der Gleichberechtigung von Mann und Frau entgegenstehen könnte. Berichten zufolge wird das Betreuungsgeld zu 95% von Frauen bezogen, lediglich zu 5% von Männern. Zwar ist es aufgrund der geringen Höhe des Betreuungsgeldes zweifelhaft, ob die Leistung generell zu einer Zurückdrängung der Frau an den Herd führt bzw. eine Verfestigung der ohnehin bestehenden Betreuungssituation unterstützt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit des Bezuges von Betreuungsgeld für einkommensschwache Familien einen Anreiz bilden kann, ihre Kinder nicht in eine Kindertagesstätte zu schicken, in der möglicherweise bestehende Defizite des Kindes im sozialen oder sprachlichen Bereich erkannt und ausgeglichen werden könnten. Dies käme tatsächlich einer Fernhaltung gleich, der keine staatliche Unterstützung zukommen sollte.

Des Weiteren wird diskutiert, ob für die Nichtnutzung einer staatlichen, aus Steuergeldern finanzierten Infrastrukturleistung (der „Kita“) ein Ausgleich vergeben werden darf. Dieses Modell war bislang in der Bundesrepublik nicht vorgesehen.

Das ausschlaggebende Argument für die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes scheint allerdings auf der formellen Ebene verankert zu sein – so wird in dem Antrag die Unzuständigkeit des Bundes für die Gesetzgebung gerügt.

Grundsätzlich obliegt die Gesetzgebung gemäß Art. 70 Abs. 1 GG den Ländern, soweit die Gesetzgebungskompetenz nicht dem Bund zugewiesen ist.

Im Bereich der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder nach Art. 71 GG die Gesetzgebungskompetenz nur, wenn und soweit sie in einem Bundesgesetz dazu ermächtigt wurden. Die Gegenstände der ausschließlichen Bundesgesetzgebung sind in Art. 73 GG geregelt. Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Regelung des Betreuungsgeldes ergibt sich aus den Titeln des Art. 73 Abs. 1 GG nicht.

Im Rahmen der konkurrierenden Gesetzgebung im Sinne des Art. 72 GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung bezüglich der in Art. 74 Abs. 1 GG aufgeführten Bereiche, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungsbefugnis nicht bereits Gebrauch gemacht hat. Bezüglich einiger Titel liegt die Gesetzgebungskompetenz gemäß Art. 72 Abs. 2 GG nur beim Bund, soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich machen. Abweichende Regelungen wiederum können durch die Länder lediglich nach Maßgabe des Art. 72 Abs. 3 und Abs. 4 GG getroffen werden.

Die Regelungen des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes sollen gemäß den Artt. 72 Abs. 1 und 2, 74 Abs. 1 Nr. 7 GG („öffentliche Fürsorge“) der konkurrierenden Gesetzgebung unterfallen, da im Schwerpunkt die Förderung der Familie stehe.

Zum einen wird bezweifelt, dass eine einkommensunabhängige Leistung dem Bereich der öffentlichen Fürsorge zugehört, zumal eine „Fürsorge“ bereits dem Wortsinn nach nur in Bereichen möglich erscheint, in denen eine „Hilfsbedürftigkeit“ angenommen werden kann.

Zum anderen hat der Bund die Gesetzgebungskompetenz lediglich inne, soweit dies zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet erforderlich ist. Zur Sicherung und Stärkung des föderalistischen Prinzips ist Art. 72 Abs. 2 GG jedoch eng auszulegen, sodass zur Annahme einer Bundesgesetzgebungskompetenz erhebliche Nachteile für das gesamtstaatliche Interesse drohen müssen. Worin diese Nachteile liegen, ist ungewiss. Das Betreuungsgeld ist nicht an das vorhandene Angebot freier Plätze in Kindertagesstätten geknüpft, sodass die Leistung durch die Notwendigkeit eines Ausgleiches regionaler Unterschiede gerechtfertigt werden könnte.

Insgesamt ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes daher aus vielen Gründen mit Spannung zu erwarten.

In einer Aufsichtsarbeit ist stets die formelle vor der materiellen Verfassungsmäßigkeit zu prüfen, ein abweichender Aufbau wurde lediglich aufgrund des Schwerpunktes der aktuellen Diskussion gewählt.